Unter den Nachrichten über den erneuten Pilotenstreik bei der Lufthansa und seine Auswirkungen drohte eine Meldung fast ein wenig unterzugehen. Lufthansa will im kommenden Jahr mit einer neuen Billig-Airline an den Markt gehen, sie soll vor allem Langstreckenflüge bedienen.

Eurowings – die globale Billigmarke

Tatsächlich besteht zwischen dem aktuellen Streik und den Billigflugplänen ein enger Zusammenhang. Denn die Piloten der Lufthansa wehren sich u.a. gegen ungünstigere Konditionen und alternative Personallösungen bei dem neuen Lufthansa-Ableger. Der soll unter dem Namen Eurowings auftreten – einer Marke, die zwar schon heute existiert, sich aber bislang im Auftrag von Germanwings auf einige weniger gefragte Regionallinien beschränkt hat. Der Antritt der neuen Eurowings ist dagegen sehr viel ehrgeiziger.

Sie soll im globalen Rahmen die Langstrecken-Billigmarke von Deutschlands größter Airline werden. Die Marke Lufthansa wird dagegen künftig nur noch den anspruchsvolleren und auf Komfort Wert legenden Fluggast bedienen. Als erste interkontinentale Ziele werden ab Ende 2015 Destinationen in Florida, im südlichen Afrika und im Indischen Ozean angeflogen werden. Als Heimatstützpunkt der neuen Airline wurde der Flughafen Köln/Bonn auserkoren.

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Neue Strukturen bei Lufthansa

Der Flugbetrieb von Eurowings wird ab Ende nächsten Jahres zunächst mit drei Airbus A330-200 aufgenommen. Lufthansa-Vorsteher Carsten Spohr hat sich vom Aufsichtsrat aber bis zu sieben Flugzeuge genehmigen lassen, die für Eurowings geleast werden können. 310 Passagiere soll der A330-200 befördern, deutlich mehr als bisher üblich. Dafür wird es in den Flugzeugen weder eine Business Class geben, noch sind Premium Economy-Sitze vorgesehen.

Fluggäste können – wie heute schon bei Germanwings – zwischen den Tarifen ‚Basic‘, ‚Smart‘ und ‚Comfort‘ wählen. Die Marke Germanwings wird im Europaverkehr verschwinden, die entsprechenden Strecken werden wahrscheinlich künftig ebenfalls durch Eurowings abgedeckt werden. Bis zu 23 A320 sollen für diesen Zweck bis Ende 2017 eingesetzt werden. Ganz genau ist die künftige Rolle von Germanwings aber noch nicht klar. Die Etablierung von Eurowings bedeutet jedenfalls einen grundlegenden Umbau der Lufthansa-Konzerns insgesamt. Lufthansa Streik

Der Kosten wegen – ohne eigenes Personal

Das Eurowings-Konzept ist die Antwort auf den zunehmenden Preiswettbewerb bei Langstreckenflügen. Auch in diesem Segment machen sich zunehmend Lowcost-Anbieter bemerkbar. Norwegian und Air Asia X sind zwei Beispiele, die schon länger am Markt aktiv sind. Damit die Lufthansa über Eurowings mithalten kann und dabei trotzdem profitabel ist, muss an der Kostenschraube gedreht werden. Die Vorgabe ist, dass Eurowings bis zu vierzig Prozent günstiger fliegt als die Lufthansa. Dabei stehen die Personalkosten naturgemäß im Fokus. Lufthansa setzt hier auf eine besondere Idee:

das Personal von Eurowings soll vom türkischen Ferienflieger SunExpress kommen.

SunExpress ist ein Joint Venture von Lufthansa und Turkish Airlines. Das Unternehmen soll nicht nur das Fluggerät, sondern auch die Pilotencrews und die Kabinenbesatzung von Eurowings stellen. Für das SunExpress-Personal gelten die teuren Lufthansa-Tarife natürlich nicht. Die Personalkosten sind daher deutlich günstiger als bei einer reinen Lufthansa-Lösung. Dass das den streikenden Piloten nicht gefällt, leuchtet unmittelbar ein. Denn ihr Einsatzfeld würde sich künftig nur noch auf die verbleibenden originären Lufthansa-Flüge beschränken.

Berater Tipp

Perspektiven für die Lufthansa-Aktie?

Der Lufthansa-Aktie hat die Nachricht vom geplanten Konzern-Umbau jedenfalls nicht geschadet. Sie hat sich in den letzten Tagen spürbar positiv entwickelt. Ob das der allgemeinen Marktentwicklung geschuldet ist oder der neuen Strategie, darüber kann spekuliert werden. In den letzten Jahren waren Lufthansa-Aktionäre jedenfalls einem Wechselbad ausgesetzt. Die Kurse zeigten heftige Auf- und Abwärtsbewegungen. Eine positive Unternehmensperspektive durch eine Neuausrichtung könnte beflügelnd wirken.

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Titelbild: © iStock.com/Juha Remes
Textbild: © iStock.com/Mickrick