In den meisten erfolgreichen Unternehmen ist die Zusammenarbeit von einer Kultur des Vertrauens gekennzeichnet. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass der Meister oder die Abteilungssekretärin bei einer Krankmeldung genau wissen möchte, was denn der Arbeitnehmer wirklich hat. Entweder aus rein persönlicher Neugier oder aber – in seltenen Fällen – um sich zu überlegen, ob denn ein befristeter Arbeitsvertrag wirklich verlängert werden soll. Die Rechtsgrundlagen und die betriebliche Praxis sind hier zum Glück eindeutig und auch arbeitnehmerfreundlich.

Die Krankschreibung von einem zugelassenen Arzt hat hohe Beweiskraft

Wer sich die Krankschreibung genauer ansieht, der findet zwar die persönlichen Daten des Arbeitnehmers, auch damit die Personalabteilung in großen Unternehmen die Krankmeldung richtig zuordnen kann, insbesondere wenn ein Vor- oder Nachname häufiger vorkommen sollte, der Teil der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, der beim Arbeitgeber abgegeben wird, erhält aber keine Informationen über die diagnostizierte Krankheit. Damit bleibt die Vertraulichkeit des Arzt-Patientenverhältnisses gewahrt. Die Krankschreibung des Arztes hat für den Arbeitgeber eine Beweiskraft: Im Regelfall muss er davon ausgehen, dass die Arbeitsunfähigkeit bzwKrankschreibung auch tatsächlich vorliegt! Der Arbeitgeber darf deshalb die Krankschreibung auch nicht anzweifeln und dem Arbeitnehmer zur frühzeitigen Arbeitsaufnahme drängen.

Bluthochdruck, Migräne & Co.: Details sind für den Arbeitgeber tabu

In der Folge sind die Details der Krankheit für den Arbeitgeber auch tabu. Ob es eine Krankschreibung wegen Migräne, einer Grippe oder einer Muskelverletzung (aus der Freizeit) ist: Zu groß ist das Potenzial, dass ein Arbeitgeber Druck auf seine Angestellten ausüben würde, wenn er dem Arbeitgeber die Krankheit mitteilen müsste. Deshalb ist auch das bisherige Verfahren jahrzehntelang etabliert:
  • Der Arbeitgeber bekommt lediglich die Information wie lange die Krankschreibung erfolgt und
  • wann der Arbeitnehmer voraussichtlich zur Arbeit zurückkehrt
  • Freiwillig kann der Arbeitnehmer angeben, ob er zu diesem Termin voraussichtlich wieder arbeiten kann oder ob er noch etwas mehr Heilung braucht

Es ist deshalb von großer Bedeutung, die Folgekrankschreibung rechtzeitig einzureichen – erneut ohne dem Arbeitgeber die konkrete Krankheit mitteilen zu müssen.

Video: Darf der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zur Krankheit befragen? | Fachanwalt Bredereck

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Nur bei Seuchengefahr wird vom hohen Gut der Vertraulichkeit abgewichen

Es gibt nur einige, wenige Ausnahmen, bei denen vom Grundsatz der absoluten Vertraulichkeit abgewichen wird. Diese sind aber nicht auf das reine Arbeitsrecht beschränkt, sondern beziehen sich in ihrer Abwägung auf eine mögliche Schädigung vieler Personen: Wenn jemand eine extrem ansteckende Seuche hat, dann werden die unmittelbaren Angehörigen informiert. Und auch am Arbeitsplatz würde nachgesehen, ob sich jemand angesteckt hat, um schnell und möglichst noch vor Ausbruch der Krankheit mit wirksamen Medikamenten gegensteuern zu können.
Hier würde man sich aber schon im Bereich von Cholera, Diphtherie und ähnlichen Seuchen bewegen. In der Realität würden deshalb die Gründe der Krankschreibung zwischen Arbeitnehmer und Arzt vertraulich bleiben!

Hohe Sozialstandards bleiben im deutschen Arbeitsrecht vorherrschend

Das deutsche Arbeitsrecht kennt sehr viele Komponenten, die auf einen möglichst einvernehmlichen Leistungserstellungsprozess und die Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer abzielen. Neben der Vertraulichkeit der Gesundheitsdaten, können hier exemplarisch auch Mindestlöhne bzw. Tarifverträge oder das Recht der Mitbestimmung (Betriebsrat) genannt werden. Immer wieder gibt es dennoch spannende Diskussionen darüber, ob Gesundheitsberufe nicht verpflichtet sein sollten, Krankheiten und Gefahren zu melden – Der mutwillige Absturz des Germanwings Fluges 9525 am 24. März 2015, der wohl auf eine psychische Erkrankung des Co-Piloten zurückzuführen war, gab Anlass für ein solches Wortgefecht. Dieser Einzelfall hat allerdings nicht dazu geführt, die Grundprinzipien zu erschüttern.

Alle diejenigen, die Großgeräte oder Maschinen führen oder auf sonstige Art und Weise Menschen gefährden könnten, sollten sich vielmehr selbst prüfen und fragen: Kann ich nach einer Erkrankung die Arbeit wieder aufnehmen? Dies ist aber vielmehr die Umsetzung einer allgemeinen Sorgfaltspflicht, sich und dem Nächsten gegenüber, als eine Frage die dadurch zu lösen wäre, die Krankheit dem Arbeitgeber mitteilen zu sollen.

Titelbild: ©iStock – Tero Vesalainen