Im Mai 2007 notierte die Deutsche Bank Aktie (Wertpapierkennnummer: 514000) bei knapp über 100 Euro und hat seitdem über die Jahre Einiges an Wert verloren. Im vormittäglichen Handel am 02.02.2016 wurde bei regem Handel nur noch ein Kurs von knapp unter 15,80 Euro notiert. Deshalb fragen sich viele Marktbeobachter, ob angesichts der Kursschwäche die Deutsche Bank ein Übernahmekandidat sein könnte. Ein Blick auf die Motive möglicher Käufer, den Gesamtwert des Unternehmens und auch das politische Umfeld zeigt: Eine Übernahme erscheint aus derzeitiger Sicht höchst unwahrscheinlich.
Die Deutsche Bank wird künstlich unter Druck gesetzt
Schon lange vor der aus den USA importierten Hypotheken- und Bankenkrise stand der gesamte Bankensektor unter erheblichen Druck aus der Politik. Die Börsen- und Markteuphorie des beginnenden Jahrtausends war verflogen und etwa ab dem Jahr 2005 wurde der Bankensektor immer neuen Regulierungen und bürokratischen Regelungen unterworfen. Die Kontoeröffnung war nicht mehr so einfach wie früher, die Banken mussten die Reisepass- bzw. Ausweisnummern der Kunden notieren und aufheben, angeblich um Geldwäsche zu vermeiden. Seitdem müssen die Banken mit einer zunehmenden Regelungsdichte leben und praktisch jedes Gespräch mit Privatkunden dokumentieren. Eine Beratung zu Aktien oder Wertpapieren wird damit sehr kostenintensiv, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Direktbrokern ist massiv eingeschränkt.
Danach verspekulierten sich insbesondere einige Großstädte mit Finanzprodukten, die jeder gewiefte Stadtkämmerer durchschaute: Es ging um Wertpapiere, deren Wert mit der Änderung von Referenzzinsen stieg oder fiel. In Jahren, in denen diese Zinsspekulation gut lief, waren die entsprechenden Stadtkämmerer vor Ort sozusagen die Finanzkönige. Als die Zinsen sich gegen diese Wertpapiere entwickelten, verloren einige Städte und Gemeinden mehrere Millionen. Im Jahr 2011 bekam ein Unternehmen ein rechtskräftiges Urteil des obersten Bundesgerichts auf Schadenswiedergutmachung. Seitdem häufen sich Klagen von Kunden, die Deutsche Bank muss Milliarden zurückstellen. Ein etwaiger Käufer muss zudem auch den Imageschaden beheben, was nicht einfach sein dürfte. Das juristische Umfeld und der politische Druck sprechen gegen eine Übernahme.
Mehr als 22 Milliarden Euro für eine kopflose Bank – eher nicht
Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank steht alleine schon wegen der Größe der Bank und ihrer Marktposition im Fokus des öffentlichen Interesses. Die Wirtschaftspresse berichtet ausführlich über die Entwicklungen innerhalb der Bank und auch die Äußerungen auf renommierten Tagungen wie dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Josef Ackermann und frühere Vorstandsvorsitzende leisteten oftmals wertvolle Beiträge zur wirtschaftspolitischen Diskussion und Denkansätze wie es in der Finanzwelt weitergehen könnte.
Beim derzeitigen Vorstandsvorsitzenden John Cryan ist sehr wenig Außenwirkung zu konstatieren. Er bezeichnet die Informationstechnologie der Bank mal als „lausig“, mal sagt er, dass Bänker zu viel Geld verdienen. Ideen für neue Geschäftsfelder oder die Einnahmen, die die Zukunft der Bank gestalten werden: Fehlanzeige. Deshalb scheint es eher unwahrscheinlich, dass jemand die Deutsche Bank übernimmt. Aus der Multiplikation der Aktienanzahl mit dem Kurswert ergibt sich eine Marktkapitalisierung von jenseits 22 Milliarden Euro. Deshalb ist eher zu erwarten, dass Investmentfonds und Großaktionäre irgendwann den Austausch der Führungsspitze erwarten.
Die Kennzahlen- und Bewertungsproblematik verhindert ein schnelles Übernahmeangebot
Institutionelle Investoren planen die Übernahmen sowohl anhand der unternehmerischen Perspektiven als auch einiger Kennzahlen. Wesentlich für die Entscheidung sind der innere Wert bzw. Substanzwert des Unternehmens – umgerechnet auf die einzelne Aktie. Oder aber auch das Kurs-Gewinn-Verhältnis, um die Preiswürdigkeit bzw. eine mögliche Unterbewertung der Aktie festzustellen. Gegen eine derzeitige Übernahmephantasie spricht zudem, dass sich die Deutsche Bank in vielen Zukunftsfeldern des Zahlungsverkehrs nicht rechtzeitig aufgestellt hat. Zu den besten Zeiten der Deutschen Bank wäre es ein Leichtes gewesen, PayPal oder ein anderes innovatives Unternehmen aufzukaufen. Deshalb wird es in nächster Zeit für die Weiterentwicklung der Deutschen Bank essenziell sein, sich selbst unter Start-Ups und Neugründungen für die Zukunft des Zahlungsverkehrs neu aufzustellen.
Unruhiges Umfeld für Großbanken – Chancen eher mittelfristig
Auch angesichts des Sparkurses von Mitbewerbern wie der HSBC oder der UBS besteht keine akute Gefahr der Übernahme der Deutschen Bank durch einen Mitbewerber. Angesichts des doch erheblich gesunkenen Börsenkurses könnten aber einige Finanzinvestoren wie Investmentfonds oder Pensionskassen mittelfristig größere Aktienpakete kaufen. Dabei geht es dann aber nicht um eine Übernahme, sondern die Chancen auf Kurssteigerung. Wichtigste Voraussetzung dafür ist allerdings das Ende der Niedrigzinsphase, damit endlich der Druck auf die Zinsmarge und damit eine der wichtigsten Säulen der Bankenbilanz aufhört. Mögliche Übernahmeszenarien für Großbanken verändern sich in dem Moment, in dem die Europäische Zentralbank gestützt von Noch-Finanzminister Wolfgang Schäuble die Zinsschraube nach langen Jahren endlich wieder einmal nach oben dreht.
Titelbild: © istock.com – Meinzahn
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