Mit der Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises 2014 an den Franzosen Jean Tirole sorgte die Jury nicht nur in der Fachpresse für einige Überraschung. Traditionell werden in diesem Bereich häufig US-Amerikaner bevorzugt – so galt auch dieses Jahr vielen der ehemalige Professor William Baumol als Favorit, der über 40 Jahre an der Princeton University in New Jersey lehrte. Beide haben jedoch gemeinsam, dass sie sich in ihren Arbeiten mit der Entstehung von Monopolen und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Gesellschaft beschäftigen.

Die Kontrolle und Regulierung von Märkten

Doch gerade in der derzeitigen Lage scheint der Franzose, der derzeit für die Universität Toulouse als wissenschaftlicher Direktor das Institut d’économie industrielle leitet, eine sehr gute Wahl. Zu seinem Kernthema gehören nämlich auch die Privatisierung von Staatsunternehmen und die Steigerung der Effizienz in Konzernen – zwei Themen, die angesichts des enormen Haushaltsdefizits gerade in wieder Frankreich aktiv debattiert werden.

Aber auch in Deutschland wurden die Theorien des neuen Nobelpreisträgers bereits seit längerer Zeit intensiv verfolgt und ebenso leidenschaftlich begrüßt´t wie abgelehnt. Kein Wunder. Denn schließlich ist auch hier in den vergangenen Jahrzehnten ein enormer Umbau geschehen, in dessen Verlauf sich viele ehemalige Monopolisten – von der Post über die Bahn bis hin zur Telekom – neu orientieren mussten. Wie solche Prozesse ablaufen und wie sie von der Politik reguliert werden können, um allen Beteiligten optimale Möglichkeiten zur Entfaltung zu bieten, ist aber genau das Thema von Jean Tirole.

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„Faire Regeln“ müssen den Markt bestimmen

Gerade in den sogenannten abgeschotteten Märkten oder natürlichen Monopolen kommt es dabei immer wieder zu Schwierigkeiten. Dabei handelt es sich um Bereiche wie die Bahn oder die Post, in der neue Anbieter wegen der ungünstigen Bedingungen wie extrem hohen Anfangsinvestitionen praktisch keine Möglichkeit haben, eine wirtschaftlich erfolgreiche Konkurrenz aufzubauen. Jean Tirole plädiert in diesem Zusammenhang dafür, dass den marktbeherrschenden Unternehmen auch Freiheiten eingeräumt werden müssen, bei denen sie ihre Verantwortung beweisen können. Es muss in dem Interesse der Politik wie auch der Unternehmensleitung liegen, eine gute Kooperation aufzubauen und verbindliche Standards festzulegen. Gelingt dies nicht, besteht nämlich die Gefahr, dass Kosten unnötigerweise in die Höhe getrieben werden, um hohe Preise zu rechtfertigen, während die Regulierungsbehörden in erster Linie auf die Abschöpfung von Gewinnen fixiert sind.

Ein gern gesehener Gast auf vielen Kontinenten

Der Übergang von der öffentlichen Hand in die private Wirtschaft ist in der Tat ein Kennzeichen der Entwicklung der vergangenen Jahrzehnte. Unter verschiedenen Begründungen – von der Effizienz über den steigenden Wettbewerb oder die Kostenminimierung – ziehen sich die Staaten auf allen Kontinenten nach und nach aus der Wirtschaft zurück. Das dürfte einer der Gründe dafür sein, dass Jean Tirole eine lange Liste von Auslandsaufenthalten vorweisen kann. Der Absolvent der Eliteuniversität École polytechnique hat unter anderem am MIT studiert und in Harvard und Stanford gelehrt. Auch in Princeton verbrachte er ein Jahr, und obwohl William Baumol zu jener Zeit bereits emeritiert war, dürfte ihn dessen nachhaltiger Einfluss durchaus inspiriert haben. In China wiederum lehrte er an der Wuhan University – die Stadt ist für seine riesigen Industrien ebenso bekannt wie berüchtigt.

Berater Tipp

Eine Mischung aus Theorie und Praxis

Einer der Gründe für die Wahl von Jean Tirole dürfte mit Sicherheit sein, dass seine Themen heute aktueller denn je zuvor sind und an Bedeutung noch eher zunehmen werden. Die Theorien helfen Entscheidungsträgern in der Wirtschaft und der Politik, geeignete Lösungen zu finden und stabile Rahmenbedingungen zu schaffen. Das ist auch dringend notwendig, denn unter Turbulenzen leiden nicht nur die Monopolisten, sondern in erster Linie auch die Verbraucher und damit alle Bürger.

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Titelbild: © iStock.com/manaemedia