Die Ölpreise sind derzeit auf einem absoluten Tiefflug. Für Autofahrer sowie Besitzer von Ölheizungen ist das ein Segen, allerdings haben die sinkenden Ölpreise sowohl Hintergründe als auch Folgen
Die aktuelle Situation am Ölmarkt
Im Vergleich zu den vergangenen Wochen setzt sich die Talfahrt von Ölpreisen eher weiter fort als dass die Tendenz zu steigenden Preisen geht. Auch wenn immer wieder von Erholungsphasen berichtet wird, sind diese weniger nachhaltig, als die Ölmultis sich dies wünschen. Der Ölminister der Arabischen Emirate unterstrich in Statements noch einmal, dass auch bei fallenden Ölpreisen auf eine Kürzung der Förderquoten aktuell weiterhin verzichtet wird, um das Öl zu einem raren und damit wieder höherpreisigen Gut zu machen. Die Stimmung am Ölmarkt ist damit zumindest für die, die damit ihr Geld verdienen, weiterhin eher gedrückt und die Tendenz geht offenbar dahin, dass der vieldiskutierte Abwärtstrend seine Tendenz noch beibehalten wird.
Sowohl die europäische Leitsorte namens BRENT als auch die Hauptsorte der USA namens WTI nehmen Rückschritte beim Preise vor. Die Ölpreise haben aktuell nur noch einen Preis: nach unten, was die Autofahrer beim Tanken und die Ölheizungsbesitzer bei der Bevorratung ihres Brennstoffes sehr erfreut. Heizölhändler melden aktuell Rückschritte bei den Preisen um durchschnittlich 0,6 Cent pro Liter Heizöl, was bei einer Komplettbefüllung des Tanks enorme Einsparungen für die Verbraucher zur Folge hat. Der Druck auf die Rohölnotierungen bleibt damit erhalten und bedingt dadurch kann auch der Euro wieder etwas mehr an Boden gegenüber dem US-Dollar erzielen. Die Auswirkungen der Ölpreisreduzierung ziehen sich komplett durch die Wirtschaft und bis hin zum Währungshandel, bei dem die Warte-Empfehlung aufgrund des Verhältnisses Dollar zu Euro von Experten gegeben wird, bringt der aktuelle Ölpreis viel Bewegung in das finanzielle Leben.
Video: Ölpreis – Gewinner und Verlierer des Preisverfalls
Die Preisentwicklung des Öls in den letzten Jahren
Als seinerzeit im Jahr 2004 der Ölpreis erstmals die Marke von 50 US-Dollar je Barrel Öl – also pro 159 Liter – durchbrach, folgte helle Aufregung am Markt. Innerhalb von nur einigen Monaten hatte sich die Preissituation für einen der wichtigsten Schmierstoffe innerhalb der Welt fast verdoppelt und es wurden schon Krisenszenarien geschmiedet. Die Preise stiegen weiterhin an und die prophezeite Krise folgte dann in den Jahren 2008 und 2009. Allerdings hatte der Ölpreis nur einen geringen Anteil an dieser Krise.
Zwischenzeitlich hat sich aber nicht nur die Weltwirtschaft von diesem Eindruck erholt, sondern sich anstelle dessen sogar mit den hohen Ölpreisen abgefunden. Seit dem Jahr 2001 notiert der durchschnittliche Preis für die Leitsorte Europas, den BRENT, bei 100 Dollar je Barrel. Sowohl die Verbraucher-Staaten als auch die Verbraucher konnten mit dieser Entwicklung anscheinend leben. Die Förderung wurde angepasst und damit der Preis für das Öl für fast vier Jahre praktisch stabil gehalten. Frieden auf dem Erdölmarkt war so erst einmal geschaffen.
Dieser Frieden wird allerdings derzeit in Frage gestellt, denn seit dem Sommer haben die Erdölnotierungen einen freien Fall zu verzeichnen. Die Sorte Brent stürzte von 113 US-Dollar auf 79 US-Dollar je Barrel und bei der US-Sorte namens WTI erfolgte ein Preisrutsch von 105 US-Dollar auf 74 US-Dollar. Das bedeutet für die Sorten einen durchschnittlichen Absturz von 30 Prozent in nur sechs Monaten.
Gewinn und Verluste gleichen sich aus
Für Verbraucher wie auch Betreiber von Ölheizungen oder Flugreisende könnte sich theoretisch nun die Situation ergeben, dass sie sich die Hände ob ihrer Einsparungen reiben und sich entspannt zurücklehnen. Das ist allerdings leider eine kurzfristige Denkweise, denn in der Praxis lassen sich Gewinner und Verlierer im Ölpreis-Verfall nicht klar abgrenzen. Nimmt man Deutschland als Beispiels, dann profitiert das Land als großer Verbraucher von Erdöl sowie als Importeur natürlich auf den ersten Blick von den sinkenden Preisen.
Allerdings sollte man auch bedenken, dass die sinkenden Einnahmen, die die Ölproduzenten wie Saudi-Arabien oder Russland durch die sinkenden Ölpreise zu verzeichnen haben, auch den Absatz von Maschinen oder Autos sowie anderen Waren, die Deutschland in diese Länder verkaufen kann, sinken wird. Durch die aktuellen Ölpreise sind die Exporte nach Russland beispielsweise schon um 20 Prozent eingebrochen und diese Hintergründe sind deutlich stärker in den niedrigen Ölpreisen als den Ukraine-Sanktionen zu finden. Gerade Deutschland als einem wahren Exportweltmeister könnten die anhaltenden Entwicklungen wirtschaftliche Schäden zufügen.
Die USA wiederum sind die Nation mit dem höchsten Pro-Kopf-Verbrauch weltweit. In keiner anderen Nation ist man so intensiv auf Erdölimporte angewiesen und reagiert so sensibel auf die Preise wie dort.
Seit den Anfängen des Fracking, wo mit Hilfe von Wasser, Chemie und Sand Erdöl auch aus bislang unerreichten Gesteinsschichten gefördert sind, fühlen sich die Verantwortlichen innerhalb der USA den Ölscheichs deutlich näher als den Autofahrern. Anhaltend niedrige Ölpreise könnten den Fracking-Boom schnell zu einem Ende bringen oder zumindest für erhebliche Probleme sorgen. Bedingt dadurch, dass diese Fördermethode sehr kapitalintensiv ist, deshalb mit Krediten sowie hochverzinsten Risikoanlagen ihre Finanzierung erhält, sind Ölökonomen aktuell besorgt, dass anhaltend sinkende Ölpreise sogar zu einer globalen Finanzkrise führen können.
Sinkende Ölpreise sind nur auf den ersten Blick positiv
Auch wenn Verbraucher sich derzeit sehr über die sinkenden Ölpreise freuen, das Tanken wieder weniger frustrierend ist und auch Flüge preiswerter werden sowie die Befüllung des Heizöltanks noch ausreichende finanzielle Mittel übrig lässt, ist diese Freude leider nur kurzfristig gedacht. Global gesehen sind die sinkenden Ölpreise eher ein schwieriges Thema, das keine klaren Sieger und Verlierer hervorbringt. Zwar sinken die Kosten für die ölimportierenden Länder sowie auch für die Verbraucher beim Ankauf des bedeutenden Schmiermittels, allerdings können langfristig sinkende Ölpreise auch die gesamte Weltwirtschaft in ein neues Licht rücken und nach der Meinung von Ölökonomen sogar letztlich in eine globale Finanzkrise führen.
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Titelbild: © iStock.com/TebNad
Textbild: © iStock.com/Huyangshu
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