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Streit um Elbvertiefung geht in die nächste Runde

Elbvertiefung in Hamburg

Wenn in unserer Redaktion Neuigkeiten zum Projekt der Elbvertiefung eintreffen, dann fragen sich manche: Ist es denn wahr oder träume ich? Schließlich schien die Elbvertiefung nach den abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beschlossene Sache zu sein. Doch die Kläger und Beschwerdeführer gaben nicht auf und suchten nach dem Ausschöpfen des Verwaltungsgerichtsweges ein neues Betätigungsfeld: Das ausufernde Umweltrecht in der Europäischen Union. Und so kommt es, dass das zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens dienende Projekt wieder einmal in Frage gestellt wird.

Video: NDR zum Thema Elbvertiefung

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Von der Zauneidechse über den Wachtelkönig bis zur Wasserrichtlinie

Das Elbvertiefungs-Projekt ist leider symptomatisch für einen Weg, den unser Rechtsstaat in den letzten Jahren eingeschlagen hat. Die Medien berichten stetig über die eine oder andere Wirtschaftskrise, mal über eine Hypotheken-Blase mal über die exorbitante griechische Verschuldung. Dabei wird allerdings vergessen, dass das Handeln der Wirtschaft und der Verwaltung durch andere Dinge viel mehr geschädigt wird: Über das deutsche Recht wird eine weitere Rechtsebene durch die Europäische Union gestülpt, deren zusätzliche Regeln auch in den Mitgliedsländern verbindlich sind.

Hat ein Kläger, eine Interessengruppe – wie vielleicht ein Umweltverband – den inländischen Rechtsweg ausgeschöpft, so wäre das Projekt eigentlich genehmigt. Denn es gilt der Grundsatz, dass der gleiche Vorgang nicht zwei Mal beklagt werden kann. Im Inland verloren bedeutet inzwischen aber: Der jeweilige Verband sucht sich ein neues Betätigungsfeld im Bereich dieses Projektes und verklagt den Projektträger über den Europäischen Gerichtshof. Dann spielen jede Menge neuer Umweltrichtlinien eine Rolle, die Projektverzögerung ist gewiss. Und dann wird die niedliche Zauneidechse plötzlich zum Projektverzögerer, obwohl man sie auch so hätte umsiedeln können. Der Wachtelkönig stoppt beinahe die Dresdner Elbschlösschenbrücke, nun ist in Hamburg die Wasserrichtlinie dran.

Vorläufiger Projektstopp nach Beschluss des Europäischen Gerichtshofes

Umweltverbände befürchten eine Verschlechterung der Wasserqualität nach der Elbvertiefung und nehmen dieses Umweltargument als Anlass über den Bundesgerichtshof den Europäischen Gerichtshof anzurufen. Obwohl es beim Streitgegenstand um nicht mehr oder weniger als die Zukunft der Wettbewerbsfähigkeit des Hamburger Hafens geht, entschied der Europäische Gerichtshof auf einen Projektstopp. Erst müsste nachgewiesen werden, dass es Gründe gäbe, die Wasserrahmenrichtlinie nicht anzuwenden.

Damit beginnt eine neue Güterabwägung – und wahrscheinlich auch Gutachter-Phase – über die zu erwartenden Folgen. Dabei geht es lediglich um eine Fahrwassertiefe von 13,60 Metern. Also nicht um eine komplette Veränderung der Umwelt wie sie beispielsweise beim Kohletagebau stattfindet!

Der weitere Verlauf könnte auch ein Wecksignal für den Industriestandort sein

Über die Frage der Veränderung des Ökosystems hinaus könnte die Gerichtsentscheidung auch ein Wecksignal für die Politik und die Wirtschaft sein. Die Frage „Wie viel Bürokratie braucht ein Land?“ muss nach Abschluss des Verfahrens neu bewertet werden. Immerhin sollte die derzeit geplante Wassertiefe in einem Projekt umgesetzt werden, welches 2000 gestartet und 2003 umgesetzt werden sollte.

Damit manifestiert sich die Aussage, dass Bürokratie die Wirtschaft lahmt, leider auf eine sehr beeindruckende Art und Weise: Gerichtsverfahren und Gegenwehr dauern fast eineinhalb Jahrzehnte und binden enorme Ressourcen. Deshalb wird sich in Zukunft die Frage stellen, ob sich Europa wirklich zu einem Superstaat entwickeln soll oder ob nach Ausschöpfen des inländischen Rechtsweges der Gerechtigkeit Genüge getan ist.

Noch keine Prognose über den Verfahrensausgang möglich

Aus heutiger Sicht ist noch leider keine Prognose des Verfahrensausgangs möglich. Als sicher gilt aber, dass die entsprechende Bewertung über die Auswirkungen des Projekts, die Gültigkeit der Wasserrahmenrichtlinie und etwaige Ausgleichsflächen bzw. Umweltschutzmaßnahmen eine sehr lange Zeit in Anspruch nehmen wird. In dieser Zeit werden die größten Containerschiffe Hamburg nicht mehr oder nicht mit voller Ladung anlaufen können.

Damit besteht immer noch die Gefahr der Abwanderung an andere deutsche oder europäische Häfen. Dann hätte sich die Idee des Umweltschutzes einen Bärendienst erwiesen, wenn die Wertschöpfung aus Hamburg abwandern würde.

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